Gedächtnisallee 5
D-92696 Flossenbürg

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Buchpräsentation von und mit Pavla Plachá

11.06.2024, 18:30 Uhr

Unter den etwa 123.000 Frauen, die zwischen 1939 und 1945 im zentralen Frauen-Konzentrationslager des nationalsozialistischen Deutschlands in Ravensbrück gefangen gehalten wurden, gab es auch knapp 5.000 tschechoslowakische weibliche Häftlinge. Auf Grundlage umfangreicher Forschung in einheimischen und ausländischen Archiven sowie der Auswertung zahlreicher Zeitzeuginnenberichte arbeitet Pavla Plachá im Kontext der NS-Verfolgungspolitik die innere Struktur der Gruppe heraus und entwirft eine Typologie der inhaftierten Frauen. Die Autorin berücksichtigt die gegenseitigen Beziehungen und Konflikte sowie ihre Verarbeitung des Erlebten in Nachkriegserinnerungen. Thema ist auch der Umgang mit diesen Erinnerungen durch die jeweiligen politisch Verantwortlichen bis zur Auflösung der ČSSR und der neuen tschechischen Behörden. Berücksichtigt werden zudem diejenigen Gruppen, die über Jahrzehnte tabuisiert oder marginalisiert wurden, unter anderem tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Nationalität, Frauen aus der Slowakei und dem Teschen (Cieszyn-Těšín)-Gebiet, Frauen jüdischer Herkunft oder Sintezze und Romni. Darüber hinaus thematisiert die Autorin die spezifisch weiblichen Aspekte der Haft: sexualisierte Gewalt, Zwangsprostitution, pseudomedizinische Versuche, die Verletzung der Schamgefühle oder der Verlust der Privat­sphäre sowie Mutterschaft oder intime Beziehungen ­zwischen den Frauen in der KZ-Haft.

Am 11. Juni um 18.30 Uhr

Im Bildungszentrum der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Veranstaltungssaal

Eintritt frei

Zum ehemaligen Konzentrationslager Flossenbürg gibt es mehrere Schnittstellen. So werden im April 1944 knapp 700 nichtjüdische Häftlinge (Polinnen, sowjetische Staatsangehörige und Tschechoslowakinnen) aus dem KZ Ravensbrück in ein Außenlager von Flossenbürg (Helmbrechts) gebracht, um als Zwangsarbeiterinnen in der Rüstungsproduktion (Metallwerk Neumeyer, Nürnberg) eingesetzt zu werden.

Mit der umfassenden Studie „Zerrissenen Leben“ von Pavla Plachá (Übersetzung aus dem Tschechischen: Marika Jakeš) liegt nun eine wirklichkeitsnahe und historisch abgesicherte Darstellung zu Strukturen in der Gruppe sowie den Schicksalen und Überlebenswegen der tschechoslowakischen Ravensbrückerinnen vor. Dabei wird das seit 1948 von realsozialistischen Deutungen geprägte und herrschende Bild der Erinnerung umfassend revidiert.

Die Autorin:
Pavla Plachá, geboren 1976 in Ústi nad Labem, studierte Germanistik und Geschichte an der Prager Karlsuniversität. 2019 promovierte sie an der Universität Hradec Králové zum Thema Tschechoslowakische Frauen im Konzentrationslager Ravensbrück. Heute ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin des Institutes für das Studium totalitärer Regime in Prag und leitet die Abteilung für die Erforschung des Widerstandes 1938–1989.

Pavla Plachá
Zerrissene Leben
Tschechoslowakische Frauen im Konzentrationslager Ravensbrück 1939-1945

440 Seiten – Hardcover – € 34,80 – VSA Verlag Hamburg
ISBN 978-3-96488-169-4