geboren am 24. April 1926
Radomír Faltýnek, 1948 (Privatbesitz)
Radomír Faltýnek wächst im mährischen Dorf Ochoz in der Nähe von Olomouc (Olmütz) auf. Im März 1939 wird das Gebiet von den Deutschen besetzt und Teil des „Reichsprotektorats Böhmen und Mähren“. Die ganze Familie Faltýnek engagiert sich im tschechischen Widerstand. Die Gestapo kommt ihnen auf die Spur und verhaftet 1942 zuerst den Vater, im Frühjahr 1944 auch die Mutter, Radomír und seine Schwester.
Radomír Faltýnek (vorne links) mit seinen Eltern und seiner Schwester (hervorgehoben) bei einem Familienausflug nach Javorˇicˇko, 1939 (Privatbesitz)
Radomír Faltýnek (Zweiter von links) mit seiner Schwester (Dritte von links) und der Mutter (rechts) auf dem Hof der Familie, 1943 (Privatbesitz)
In der Mitte steht František Kruš, ein Widerstandskämpfer, der sich als Knecht getarnt auf dem Hof der Familie versteckt. Nach seiner Entdeckung im Jahr 1944 werden Radomír, seine Schwester und seine Mutter von den Deutschen verhaftet. František Kruš und Radomír Faltýneks Eltern werden ermordet.
Über mehrere Gestapo-Gefängnisse wird der 17-jährige Radomír zunächst in das KZ Dachau verschleppt. Von dort kommt er im August 1944 in das Flossenbürger Außenlager Rabstein in Nordböhmen. Die Häftlinge müssen für die Rüstungsfirma Weserflug arbeiten, die ihre Produktion wegen der Alliierten Luftangriffe unter Tage verlagert. Nach lebensgefährlichen Einsätzen im Tunnel- und Barackenbau meldet sich Radomír Faltýnek schließlich als Mechaniker für die Flugzeugfabrik. Hunger, Kälte und Krankheiten prägen die Haftzeit. Die Solidarität unter den Häftlingen, die aus dieser Not entsteht, bleibt Radomír Faltýneks einzige positive Erinnerung. „Das war eine eigenartige Freundschaft, die uns alle verband.“ Im Mai 1945 räumen die SS-Wachen das Lager und treiben die Gefangenen in Richtung Westen. Angesichts permanenter Tieffliegerangriffe der Alliierten kommen sie jedoch nicht weit. Als die Nachricht vom Ende des Krieges eintrifft, setzt sich die SS ab. Die Häftlinge sind frei.
Radomír Faltýnek (oben sitzend) auf dem Heimweg aus Rabstein, 8. Mai 1945 (Privatbesitz)
Nach der Befreiung macht sich Radomír Faltýnek mit einer Gruppe tschechischer Häftlinge auf den Weg nach Prag. Die Aufschrift auf dem Wagen lautet: „Freiheit – süße Freiheit! 16 Zebras aus dem KZ Rabstein.“
Radomír Faltýnek (hervorgehoben) mit tschechischen Mithäftlingen (ganz rechts Karel Snášel) kurz nach der Befreiung in Roudnice nad Labem, 9. Mai 1945 (Privatbesitz)
Radomír Faltýnek schafft es, sich nach Prag durchzuschlagen. Auf dem Weg in sein Heimatdorf erfährt er, dass seine Eltern kurz vor Kriegsende im Gefängnis erhängt wurden. Radomír Faltýnek und seiner Schwester Ludmila bleiben nur zwei Abschiedsbriefe. Der 19-Jährige übernimmt die elterliche Landwirtschaft, heiratet und wird Vater. Als Grundbesitzer ist er in der sozialistischen Tschechoslowakei bald starken Repressionen ausgesetzt. Im Jahr 1960 muss er seine Anbauflächen abgeben und der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft beitreten. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1989 erhält die Familie die Grundstücke zurück.
Hochzeit von Radomír Faltýnek mit Anežka Pavlíková, 1949 (Privatbesitz)
Radomír Faltýnek (rechts) mit seinem ehemaligen Mithäftling Karel Snášel, 1995 (Privatbesitz)
Erinnerungsstücke von Radomír Faltýnek an seine KZ-Haft in Rabstein (Privatbesitz)
Aus dem Flugzeugblech der Rüstungsfirma Weserflug kann Radomír Faltýnek während der Haft kleine Gegenstände anfertigen und gegen Nahrungsmittel eintauschen. Bis heute bewahrt er einige Fingerringe, ein Messer und ein Abzeichen auf. Dieses zeigt seine Haftnummer 20.000, den roten Winkel und die Abkürzung T für die tschechischen Häftlinge. Das verzierte Etui ist das Geschenk eines Mithäftlings.