geboren am 11. Dezember 1913
Jakob Bamberger, dreißiger Jahre (Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg)
Jakob Bamberger wird im ostpreußischen Königsberg geboren. Seine Eltern unterhalten ein Wanderkino auf dem Land. Neben dem Kino betreibt sein Vater noch einen Pferdehandel. Den Sinti und Roma wird 1935 das Reisen verboten und die Familie muss das Kino verpachten. Jakob Bamberger arbeitet zu dieser Zeit bei der Eisenbahn in Frankfurt am Main. In seiner Freizeit widmet er sich aktiv dem Boxsport. Er ist deutscher Vizemeister im Fliegengewicht und gehört 1936 der deutschen Olympia-Auswahl an.
Familienfoto von Jakob Bamberger, 1936–1940 (Yad Vashem, Jerusalem)
Familienfoto von Jakob Bamberger, 1936–1940 (Yad Vashem, Jerusalem)
Doch die Repressionen gegen Sinti und Roma nehmen zu. Als Jakob Bamberger 1941 nach Prag fliehen will, wird er verhaftet und im Januar 1942 in das KZ Flossenbürg gebracht. Er muss in der Strafkompanie im Steinbruch des Lagers arbeiten. Die SS überstellt ihn ein Jahr später in das KZ Dachau. Dort wird er im Sommer 1944 bei Meerwasserversuchen im Krankenrevier missbraucht. Nach diesen qualvollen Wochen muss er in einem Außenlager in der Produktion von Messerschmitt-Flugzeugen arbeiten. Kurz vor dem Endes des Krieges wird er nach Buchenwald deportiert. Zufällig trifft er dort seinen Vater wieder. Im April 1945 befreien die Amerikaner Jakob Bamberger auf einem Häftlingstransport von Buchenwald nach Flossenbürg.
Arbeitsbuch von Jakob Bamberger (Yad Vashem, Jerusalem)
Bei ihrer Ankunft im Konzentrationslager müssen die Häftlinge alle persönlichen Dinge abgeben, auch ihre Ausweise.
Nach dem Krieg arbeitet Jakob Bamberger als Textilhändler und heiratet 1947 in München. Seine Frau, ebenfalls eine KZ-Überlebende, stirbt bereits zwei Jahre später an den Folgen der Haft. Er muss erfahren, dass seine Mutter und fünf Geschwister in Auschwitz ermordet wurden. Seinen Sport setzt Jakob Bamberger weiter fort. Erst 1954, im Alter von 41 Jahren gibt er das Boxen auf. Als Folge der Haftzeit und der Meerwasserversuche hat er mit gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen. Nach jahrelangem Rechtsstreit gelingt es ihm erst 1969 eine Entschädigungszahlung zu erhalten. Doch diese ist so gering, dass für ihn die Forderung nach einer menschenwürdigen »Wiedergutmachung« bestehen bleibt. Jakob Bamberger engagiert sich für eine Anerkennung der Verfolgung der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus und in ihrem Kampf um Bürgerrechte. Er wird Ehrenvorsitzender des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma. 1989 stirbt Jakob »Jonny« Bamberger in Heidelberg.
Jakob Bamberger (Zweiter von links) während des Hungerstreiks in der Gedenkstätte Dachau, Ostern 1980 (Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg)
Ostern 1980 initiieren ehemalige KZ-Häftlinge einen Hungerstreik in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Sie protestieren damit gegen eine Sondererfassung der Sinti und Roma durch Justiz- und Polizeibehörden der Bundesrepublik auf der Grundlage der Akten der NS-Zeit.
Jakob Bamberger (Zweiter von links) im Häftlingsanzug bei einer Demonstration vor dem Bundeskriminalamt, Januar 1983 (Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg)
Zeugenaussage von Jakob Bamberger über die Meerwasserversuche, Auszug, ohne Datum (KZ-Gedenkstätte Dachau)