geboren am 23. Mai 1921
Charles Dekeyser, 1940 (Privatbesitz)
Charles Dekeyser wird als erster von fünf Söhnen einer flämischen Familie in Lille geboren. 1931 kehrt die Familie in die belgische Heimat zurück. Dort absolviert Charles die Volksschule, den Besuch einer weiterführenden Schule lehnt seine Mutter aus finanziellen Gründen ab.
Charles Dekeyser fühlt sich verpflichtet, zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Da er aber keinen festen Arbeitsplatz finden kann, meldet er sich 1940 freiwillig zur Arbeit in Deutschland. In der Nähe von Magdeburg wird er beim Bau eines Flugplatzes eingesetzt. Nachdem er miterlebt, wie ein Kollege spurlos verschwindet und erst nach Monaten abgemagert und kahlgeschoren zurückkehrt, verweigert er die Verlängerung seines Arbeitsvertrages. Zurück in Belgien wird er deswegen von den deutschen Besatzern heftig bedrängt. Charles Dekeyser erklärt sich ein zweites Mal zum Arbeitseinsatz bereit. Aber auch seine neue Stelle in einer Panzerfabrik im Ruhrgebiet verlässt er nach einigen Monaten. Im Dezember 1942 wird er in Belgien bei einer Razzia aufgegriffen und erneut in die Panzerfabrik geschickt – diesmal jedoch als Zwangsarbeiter. Nach einem unabsichtlich verursachten Produktionsausfall und Auseinandersetzungen mit einem Vorgesetzten, verhaftet ihn die Gestapo Dortmund. Diese versucht fünf Monate lang erfolglos, ihm ein Geständnis wegen Sabotage abzupressen. Im Mai 1943 wird Charles Dekeyser als „Staatsfeind“ dem KZ Flossenbürg überstellt. Dort muss er zunächst im Steinbruch, später im „Waldkommando“, als Leichenträger und in der Flugzeugproduktion arbeiten. Im Juni 1944 gelingt es ihm, sich als Metallfacharbeiter für einen Transport ins KZ Sachsenhausen zu melden. Die Befreiung erlebt er am 5. Mai 1945 auf einem Todesmarsch.
Charles Dekeyser mit seinen jüngeren Brüdern Raoul und André, 1933 (Privatbesitz)
Nach dem Krieg arbeitet Charles Dekeyser bei einer Zensurbehörde der britischen Armee in Bonn. 1946 heiratet er, kehrt nach Belgien zurück und schafft sich eine neue Existenz im Speditionsgewerbe. Über seine Vergangenheit als KZ-Häftling schweigt er lange. Dies ändert sich erst mit dem Besuch einer Ausstellung über das KZ Sachsenhausen im Jahr 1989. Anlässlich des 50. Jahrestages der Befreiung kehrt Charles Dekeyser 1995 erstmals wieder nach Flossenbürg zurück. Von nun an wird die Erinnerung an das KZ Flossenbürg zu seiner zentralen Lebensaufgabe. Charles Dekeyser stirbt kurz nach seinem 90. Geburtstag.
Charles Dekeyser während seines Dienstes bei der First Censorship Station, der Zensurbehörde der britischen Armee in Bonn, 1946 (Privatbesitz)
Charles Dekeyser mit seiner zweiten Ehefrau Nelly, 1985 (Privatbesitz)
Die ehemaligen Häftlinge Charles Dekeyser und Roger Becker mit Johann Werner, dem Bürgermeister von Flossenbürg (von rechts), 2000 (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg)
Im Juli 2000 wird der Amicale, der Vereinigung der ehemaligen belgischen Häftlinge des KZ Flossenbürg, eine Platte Flossenbürger Granit für die Errichtung eines Gedenksteins im belgischen Ort Jodoigne übergeben. Roger Becker und Charles Dekeyser nehmen den Stein in Empfang.
Charles Dekeyser (links) bei einem Tennisturnier, 2003 (Privatbesitz)
Seit der Befreiung ist Charles Dekeyser begeisterter Tennisspieler und bestreitet noch im hohen Alter regelmäßig Tuniere.
Charles Dekeyser mit der belgischen Gruppe während des 65. Jahrestages der Befreiung, Flossenbürg 2011 (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg)