Dieses Projekt ist die erste Artist in Residence- und Ausstellungskooperation zwischen der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und dem Iwalewahaus der Universität Bayreuth.
Talya Lubinskys Ausstellung Melting Stone ist ein künstlerischer
Dialog mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Die beiden ortsspezifischen
Installationen erforschen Geschichtserzählungen im Zwischenbereich von
Materialität und Abstraktion. Die Ausstellung der südafrikanischen
Künstlerin ist in einem stillgelegten Gebäude untergebracht, das einst
die Büros der Deutschen Erd- und Steinwerke beherbergte, eines
SS-eigenen Betriebs, der den angrenzenden Granitsteinbruch
bewirtschaftet. Mit ihrem Werk nimmt die Künstlerin die geologisch-historische Bedeutung von Granit und Glas zum Ausgangspunkt, um Gedenkkulturen zu befragen.
Granit wurde und wird in Flossenbürg abgebaut. Einst als Lava 30 km
unter der Erde fließend, wurde der Granit durch
Kontinentalverschiebungen an die Oberfläche gedrückt. Im Laufe der
Jahrmillionen erodierten Erdschichten, die Lava kühlte ab und
kristallisierte zu dem, was heute als verfestigte Materie in Form von
Granit zu sehen ist. Talya Lubinsky, die im Iwalewahaus bereits ihre
Ausstellung Floating Bodies präsentierte, experimentiert in ihrer
Skulpturen-Serie „Melting Stone" mit der Erhitzung der Steine bis hin zu
dem Punkt, an dem sie zu schmelzen beginnen. Der Lebenszyklus des
Steins wird so sichtbar. Das feste Material Stein, üblicherweise mit
Trauer, Gedenken und Monumentalisierung verbunden, wird in eine flüssige
Substanz verwandelt, die sich metaphorisch (wieder) mit dem
Magma im Erdinnern verbindet. Auf diese Weise findet Talya Lubinsky neue
Formen für die Formation von Erinnerungen, reflektiert und kritisiert
die 'verknöcherte Materie’ hegemonialer Erinnerungskulturen.
15. Juli - 18. September 2022
Täglich 13.00 - 17.00 Uhr
Im DESt-Gebäude auf dem ehemaligen Steinbruchgelände, Wurmsteinweg 7, 92696 Flossenbürg
Eintritt frei
„Sanding Glass", eine großflächige Arbeit auf und mit Glas, ist vor
einem 14 m langen und 2,5 m hohen Wandbild an den Wänden des ehemaligen
„Gefolgschaftssaals“ der Deutschen Erd- und Steinwerke installiert. Der
nationalsozialistischen Ideologie der Zeit folgend, sind hier kräftige
Steinmetze und Bauarbeiter dargestellt, die im
faschistisch-realistischen Stil gemalt sind. In den Jahrzehnten nach der
Befreiung des Lagers wurden die Gesichter der Figuren absichtlich
entfernt, darüber hinaus ist die Farbe aufgesprungen und abgeblättert.
Talya Lubinsky bearbeitet jene Teile des Gemäldes, die nicht
abgerieben, abgeplatzt oder verwittert sind auf Glas, um sie
undurchsichtig zu machen. Durch das Kratzen an der Oberfläche entsteht eine neue Zeichnung, die den Blick auf die Inhalte einer
Geschichte lenkt, die durch ihre Abwesenheit erzählt wird.
Talya Lubinsky stammt aus Johannesburg, Südafrika, und lebt
derzeit in Berlin. Zu ihren Einzelausstellungen
gehören Marble Dust, Künstlerhaus Bethanien, Berlin (2020), Floating
Bodies, Iwalewahaus, Bayreuth, (2017) und
If we burn, there is ash,
Wits Anthropology Museum, Johannesburg (2016). Lubinsky erhielt einen
MFA mit Auszeichnung von der University of Witwatersrand, Johannesburg.