Zeitzeug*innen der NS-Zeit begegnet man heute häufig nur noch in Medienformaten, in denen Interviews präsentiert werden oder abrufbar sind. Das Interview wird meist als ein ganzheitliches Produkt präsentiert. Die Entstehung einer solchen Produktion bleibt dabei verborgen, da in Dokumentarfilm-Sequenzen von der „Gemachtheit“ der Erzählungen kaum etwas zu spüren ist. Doch es gibt Störungen des Erzählens, die unwillentlich zeigen, dass ein Interview „gemacht“ ist. Diese Störungen erlauben einen Blick in die Inszenierung. Sie verraten oft mehr über Gesprächspartner als das eigentlich Gesprochene.
Zusammenschnitt von Videos aus der Sammlung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und dem Archiv der University of Southern California; Medienwerkstatt Franken und USC Shoah Foundation Institute. Dauer: 4:32 min
Das Gespräch, das sich zwischen den Erzählenden und den
geschulten Interviewern entwickelt, unterliegt eigenen dramaturgischen
und kommunikativen Spielregeln. Die Erzählenden, aber auch die Fragenden
haben ihre jeweils eigenen Vorstellungen: Erinnerungen werden bewusst
verschwiegen oder betont, Fragen bleiben unbeantwortet, Antworten werden
verweigert. Das Zeitzeugen-Interview findet in einem wechselseitigen
Erwartungshorizont „objektiver Informationen“ und „subjektiver
Erfahrungen“ statt und gleicht einer Bühneninszenierung: Licht, Make-up,
Bild und Ton, technisches Equipment.